Die Archäologen der Zukunft: Trendstudio Francq Colors

Teile diesen Artikel

In jedem Jahr gibt es neue Trendfarben, die kommen und gehen. Einer der Farbpioniere, Francq Colors, hat seinen Sitz in Antwerpen, Belgien. Nachdem Hilde Francq 17 Jahre lang Kinderfahrräder entwickelt hat, hat sie mit ihrem Wissen über Farben ein neues Kapitel aufgeschlagen und ihr eigenes Studio gegründet. Sie selbst umschreibt ihre Arbeit mit „Archäologie und graben in der Zukunft“. Ihre Empfehlungen sind in einer Vielzahl von Marken wie Niko, Tribu, Samsonite, Serax und Arte spürbar. Wir haben sie besucht und untersucht, wie Trends kreiert und welche die Winterkollektion dominieren werden.
 

Wofür steht Francq Colors?

„Wir sind eine Trendagentur, die für drei Branchen arbeitet: Innendekoration, Mode und Ernährung. Wir beraten unsere Kunden zwei Jahre im Voraus auf Basis der von uns erstellten Color Trend Reports. Daneben organisieren wir auch „Trend Talks“: Seminare und Vorträge über zukünftige Trends. In unserer „Trend Akademie“ zeigen wir Teilnehmern, wie sie auf eine visuell zielorientierte Art und Weise Moodboards erstellen können, um ihre Botschaft zu vermitteln. Außerdem führen wir für unsere Kunden Fotoshootings auf Basis von Farbkombinationen, Materialien und Texturen aus unseren Trendberichten durch.“

Francq Colors

Wir legt ihr Trendfarben fest/wie läuft dieser Prozess ab?

„Wir verwenden das Modell 'Punkte verbinden' aus der Soziologie. Wir setzen die soziologischen Makro-Tendenzen, die wir aufspüren, in Farben, Materialien, Muster und Texturen um und ergänzen sie um Beispiele aktueller Early Adopter, die die Trends bereits erkennen.  Wir arbeiten sechs Monate lang mit dem Team von Francq Colors an einem Color Trend Report, der eineinhalb bis zwei Jahre in die Zukunft schaut.“

„Das ist ein bisschen wie Archäologie in der Zukunft, um ausreichend Beweise zu finden, so dass wir mit Sicherheit sagen können: das wird ein Trend.“

„Wir entdecken Trends in wichtigen Städten wie London, Kopenhagen, Berlin, New York und Tokio. Außerdem beobachten wir sehr genau die Programme von Museen. Gibt es heute eine Ausstellung von Frida Kahlo im Victoria & Albert-Museum in London? Dann kann man sehr sicher sein, dass die Einflüsse im darauffolgenden Jahr in den Modeschauen zu sehen sind. Es sind also viele Faktoren, die wir berücksichtigen, um einen Trend zu ermitteln.“ 
 

Wie wisst ihr, ob eine Farbe beim breiten Publikum und bei den Marken ankommt? Ist es manchmal ein Risiko?

„Nein, als ich vor sechs oder sieben Jahren gesagt habe, dass Rosa das neue Schwarz werden würde, haben mich alle merkwürdig angesehen. Heute ist Rosa das neue Schwarz. Ein Konsument muss sich erst an eine Farbe gewöhnen. Sie müssen sie auf der Straße sehen, erst dann werden sie bereit sein, sie selbst zu tragen oder in ihre Innenausstattung zu integrieren. Heute ist die Kluft zwischen den beiden Welten Mode und Innenausstattung nicht mehr so groß wie früher. Es handelt sich immerhin um dieselben Farben.“
 

Welche Rolle spielt eine Farbe in der Marketinggeschichte einer Bekleidungsmarke. 

„Farbe ist sehr wichtig, etwa 85 % der Käufe werden anhand der Farbe entschieden. Es gibt Unternehmen, die viel Zeit auf die Entwicklung eines Produkts (Form, Design, Material) verwenden und erst am Ende machen sie sich bewusst, dass es auch noch eine Farbe bekommen muss. Das ist falsch. Wenn wir im Vorfeld mit den Designern bestimmen, welches die Trends sind, dann wird auch die Marketingabteilung darüber informiert. Sie kennen dann die Farbpalette und die Geschichte, die erzählt werden wird. Es funktioniert erst, wenn alle Abteilungen, und nicht nur die Designer, von Anfang an mit demselben Trend arbeiten.“
 

Welches sind die Farben für die neue Winterkollektion? 

„Im kommenden Winter werden wir viel Grün sehen, und das wird sich auch im nächsten Sommer noch fortsetzen. Es gibt keine reinen an Jahreszeiten gebundenen Farben mehr, man findet Sommerfarben auch problemlos im Winter. Außerdem sind es die Farben Lila und Gelb, die im Winter wieder zu sehen sind. Samt bleibt, und diesmal ist es eine gerippte Version, also Kord. Das sind die wichtigsten Kombinationen, aber mit viel mehr Farbe.“

„Neu sind die Einflüsse aus Südamerika und Afrika. Bisher wurde alles durch die nördliche Halbkugel definiert. Skandinavien hat seinen Stempel aufgedrückt, aber das ist passé, das kann man getrost ad acta legen. Die skandinavischen Marken selbst verwenden auch mehr Farbe. Jetzt verstärken sich die Einflüsse aus der südlichen Halbkugel. Wir sprechen von einem Afro-Futurismus, der in der Mode zu sehen sein wird. Menschen lieben warme Erd- und Lehmtöne.“
 

Gibt es noch Projekte, die ihr in der Zukunft gern umsetzen möchtet und wo seht ihr Francq Colors in 5 Jahren?                                                

„Wir sind aktuell dabei, uns internationaler aufzustellen. Wir wollen in 5 Jahren Unternehmen und Privatleute weiterhin inspirieren und motivieren, Farbe als ein wichtiges Element ihres Prozesses zu betrachten. Außerdem möchten wir weiterhin qualitativ und visuell hochwertige Arbeit liefern. Die Menschen schauen sich lieber Bilder an, als dass sie lesen. Visuals sind wichtig. Fotoshootings sind schließlich auch eine Verlängerung unserer Arbeit.“

boek francq colors

Hast du Interesse an der Welt der Trends und Farben und möchtest du nach diesem Interview noch mehr über die Strategie erfahren?  Dann ist das Buch „Kleur verkoopt“ von Trendwatcherin Hilde Francq auf jeden Fall eine Empfehlung.

Teile diesen Artikel